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Balkonkraftwerk Ausrichtung: Standort richtig wählen und Ertrag optimieren

Die richtige Ausrichtung und der optimale Standort entscheiden über den Ertrag Ihres Balkonkraftwerks. Erfahren Sie, wie Sie Südausrichtung, Neigungswinkel und Verschattung optimal planen.

Aktualisiert: 19. Oktober 2025
8 Min. Lesezeit
Balkonkraftwerk mit optimaler Südausrichtung auf einem Balkon installiert

Warum die richtige Ausrichtung so wichtig ist

Der Ertrag Ihres Balkonkraftwerks hängt maßgeblich von zwei Faktoren ab: der Ausrichtung (Himmelsrichtung) und dem Neigungswinkel der Solarmodule. Während Sie beim Standort oft durch Ihre Wohnsituation eingeschränkt sind, können Sie durch bewusste Planung und optimale Montage das Maximum aus Ihren gegebenen Bedingungen herausholen.

Ein optimal ausgerichtetes Balkonkraftwerk kann bis zu 40 Prozent mehr Strom erzeugen als eine ungünstig platzierte Anlage. Das bedeutet konkret: Bei einem durchschnittlichen Ertrag von 800 kWh pro Jahr können Sie durch optimale Ausrichtung zusätzlich 200 bis 300 kWh erzeugen – das entspricht einer Ersparnis von 60 bis 90 Euro jährlich.

In diesem Ratgeber erfahren Sie alles über die optimale Standortwahl, Ausrichtung und Neigung Ihres Balkonkraftwerks.

Die optimale Himmelsrichtung für maximalen Ertrag

Südausrichtung: Der Goldstandard

Die Südausrichtung liefert in Deutschland den höchsten Jahresertrag, da die Sonne zur Mittagszeit – wenn sie am höchsten steht – direkt auf die Module scheint. Hier erreichen Sie 100 Prozent des theoretisch möglichen Ertrags Ihres Standorts.

Vorteile der Südausrichtung:

  • Höchste Gesamtstromproduktion über das Jahr
  • Gleichmäßige Verteilung zwischen Sommer und Winter
  • Maximale Mittagsspitze, wenn Grundlast im Haushalt hoch ist
  • Beste Wirtschaftlichkeit und schnellste Amortisation

Süd-West und Süd-Ost: Sehr gute Alternativen

Module, die nach Süd-West oder Süd-Ost ausgerichtet sind, erreichen noch etwa 95 Prozent des maximalen Ertrags. Der Unterschied zur reinen Südausrichtung ist minimal und in der Praxis kaum spürbar.

Süd-West-Ausrichtung:

  • Hohe Produktion am Nachmittag
  • Ideal, wenn Sie abends viel Strom verbrauchen
  • Gute Übereinstimmung mit Haushalts-Lastprofilen (Kochen, Waschen am Abend)

Süd-Ost-Ausrichtung:

  • Hohe Produktion am Vormittag
  • Vorteilhaft für Frühaufsteher und Home-Office-Nutzer
  • Früher Produktionsbeginn im Sommer

Ost- und Westausrichtung: Immer noch lohnenswert

Auch bei reiner Ost- oder Westausrichtung lohnt sich ein Balkonkraftwerk. Sie erreichen etwa 70 bis 80 Prozent des maximalen Ertrags – das entspricht bei einem 800-Watt-System immer noch 500 bis 650 kWh pro Jahr.

Ostausrichtung:

  • Starke Produktion in den Morgenstunden
  • Ideal für Frühstücksstrom, Kaffeemaschine, Morgenduschen
  • Schwächere Leistung am Nachmittag

Westausrichtung:

  • Starke Produktion am Nachmittag und Abend
  • Perfekt für Feierabend-Stromverbrauch
  • Höhere Produktion im Sommer als im Winter

Nordausrichtung: Kritisch prüfen

Bei Nordausrichtung sinkt der Ertrag auf etwa 50 bis 60 Prozent. Das kann sich dennoch rechnen, wenn:

  • Die Anschaffungskosten sehr gering sind (unter 400 Euro)
  • Keine alternative Montagemöglichkeit besteht
  • Sie langfristig planen (Amortisation nach 6 bis 8 Jahren statt 3 bis 5 Jahren)

Tipp: Prüfen Sie genau, ob nicht doch eine andere Montagestelle in Frage kommt – Garten, Terrasse, Garagendach oder eine andere Fassadenseite können deutlich bessere Erträge liefern.

Der optimale Neigungswinkel

Theorie: 30 bis 35 Grad sind ideal

Der optimale Neigungswinkel in Deutschland liegt bei 30 bis 35 Grad. Bei diesem Winkel erreichen Sie über das gesamte Jahr den höchsten Ertrag, da die Sonneneinstrahlung optimal auf die Modulfläche trifft.

Jahreszeitliche Unterschiede:

  • Sommer: Flachere Winkel (10 bis 20 Grad) sind effizienter, da die Sonne hoch am Himmel steht
  • Winter: Steilere Winkel (40 bis 60 Grad) fangen die tiefstehende Wintersonne besser ein
  • Kompromiss: 30 bis 35 Grad optimieren den Gesamtertrag

Praxis: Balkonmontage mit 90 Grad

In der Realität werden viele Balkonkraftwerke senkrecht am Balkongeländer montiert – also mit 90 Grad Neigung. Das ist nicht optimal, aber durchaus praktikabel:

  • Ertrag: etwa 70 Prozent des Maximums
  • Vorteil: Einfache Montage, kein zusätzliches Gestell nötig
  • Nachteil: Geringere Winterproduktion

Senkrechte Montage ist sinnvoll, wenn:

  • Ihr Balkon keine Alternative bietet
  • Sie Wert auf einfache Installation legen
  • Die Südausrichtung den Neigungsverlust kompensiert

Aufständerung für optimalen Winkel

Wenn Sie eine Terrasse, Flachdach oder Gartenfläche zur Verfügung haben, lohnt sich die Montage mit Aufständerung auf 30 bis 35 Grad:

  • Maximaler Jahresertrag
  • Selbstreinigung durch Regen (Winkel größer 15 Grad)
  • Bessere Hinterlüftung der Module (verhindert Überhitzung)

Achtung: Aufgeständerte Module haben höhere Windlast. Verwenden Sie robuste Montagesysteme und achten Sie auf ausreichende Beschwerung oder Verankerung.

Verschattung: Der größte Ertragskiller

Wie Verschattung die Leistung beeinflusst

Bereits teilweise Verschattung eines Moduls kann den Gesamtertrag drastisch reduzieren – je nach Verschaltung um 20 bis 50 Prozent. Der Grund: In klassischen Modulen sind alle Zellen in Reihe geschaltet. Die schwächste Zelle bestimmt den Strom der gesamten Reihe.

Typische Verschattungsquellen:

  • Nachbargebäude und deren Schattenwurf
  • Bäume und Vegetation
  • Balkone darüber
  • Schornsteine, Antennen, Satellitenschüsseln
  • Eigene Balkonmöbel, Wäscheständer

Verschattungsanalyse durchführen

Bevor Sie Ihr Balkonkraftwerk installieren, sollten Sie eine Verschattungsanalyse über den Tag verteilt durchführen:

  1. Beobachtungszeitraum: Notieren Sie zu verschiedenen Tageszeiten (morgens, mittags, abends), wann und wo Schatten auf die geplante Montagefläche fällt
  2. Kritische Zeiten: Besonders wichtig sind die Stunden zwischen 9 und 15 Uhr – hier findet die höchste Stromproduktion statt
  3. Jahreszeitliche Unterschiede: Berücksichtigen Sie den tieferen Sonnenstand im Winter und höheren im Sommer
  4. Apps nutzen: Tools wie “Sun Surveyor” oder “Solargis” zeigen den Sonnenverlauf für Ihren Standort

Ideal: Module sind zwischen 9 und 15 Uhr vollständig unverschattet.

Lösungen für verschattete Standorte

Wenn Verschattung unvermeidbar ist, gibt es technische Lösungen:

1. Wechselrichter mit zwei MPP-Trackern: Moderne Wechselrichter haben für jedes Modul einen eigenen Maximum Power Point Tracker. So kann ein Modul im Schatten die Leistung des anderen nicht beeinträchtigen.

2. Moduloptimierer: Kleine Geräte, die direkt am Modul angebracht werden und die Leistung jedes Moduls einzeln optimieren.

3. Alternative Standorte prüfen: Oft gibt es bessere Montagepositionen als der namensgebende Balkon – Terrasse, Garten oder Garagendach.

Alternative Standorte für Balkonkraftwerke

Terrasse und Garten

Vorteile:

  • Freie Wahl von Ausrichtung und Neigungswinkel
  • Meist weniger Verschattung als am Balkon
  • Aufständerung problemlos möglich
  • Optimale Hinterlüftung

Nachteile:

  • Platzbedarf im Garten
  • Eventuell längeres Kabel zum Hausanschluss nötig
  • Windlast muss berücksichtigt werden (Beschwerung oder Erdanker)

Tipp: Kombinieren Sie Balkonkraftwerk mit Gartengestaltung – Module können als Sichtschutz oder Terrassenüberdachung dienen.

Flachdach und Garagendach

Vorteile:

  • Optimale Ausrichtung und Neigung möglich
  • Meist unverschattet
  • Keine Beeinträchtigung der Optik
  • Sicher vor Vandalismus

Nachteile:

  • Statik prüfen (Schneelast im Winter)
  • Montagesystem mit Ballastierung erforderlich
  • Zugang für Wartung sicherstellen

Wichtig: Bei Garagendächern aus Wellblech oder Dachpappe muss die Dichtigkeit gewährleistet bleiben.

Fassadenmontage

Auch an anderen Fassadenseiten als dem Balkon können Module angebracht werden:

Vorteile:

  • Bessere Ausrichtung als am Nordbalkon
  • Einfache Installation mit Fassadenhaken
  • Geringer Platzbedarf

Nachteile:

  • Zustimmung des Vermieters erforderlich
  • Optische Beeinträchtigung
  • Eventuell ungünstigerer Neigungswinkel (90 Grad)

Praxisbeispiele: Ertrag nach Ausrichtung und Standort

Beispiel 1: Süd-Balkon, 90 Grad Neigung

  • Ausrichtung: Süd
  • Neigung: 90 Grad (senkrecht am Geländer)
  • Verschattung: keine
  • Erwarteter Jahresertrag: ca. 650 kWh (800-Watt-System)
  • Bewertung: Sehr gut, trotz suboptimaler Neigung

Beispiel 2: West-Terrasse, 30 Grad Aufständerung

  • Ausrichtung: West
  • Neigung: 30 Grad
  • Verschattung: ab 18 Uhr durch Nachbargebäude
  • Erwarteter Jahresertrag: ca. 600 kWh
  • Bewertung: Gut, hohe Nachmittagsproduktion

Beispiel 3: Ost-Balkon, 90 Grad, teilweise Verschattung

  • Ausrichtung: Ost
  • Neigung: 90 Grad
  • Verschattung: ab 11 Uhr durch Balkon darüber
  • Erwarteter Jahresertrag: ca. 400 kWh
  • Bewertung: Akzeptabel, aber Optimierungspotenzial durch Standortwechsel

Beispiel 4: Süd-Garten, 35 Grad, keine Verschattung

  • Ausrichtung: Süd
  • Neigung: 35 Grad
  • Verschattung: keine
  • Erwarteter Jahresertrag: ca. 850 kWh
  • Bewertung: Optimal, Referenzwert für Maximalertrag

Checkliste: Den besten Standort finden

Nutzen Sie diese Checkliste, um den optimalen Standort für Ihr Balkonkraftwerk zu ermitteln:

Himmelsrichtung:

  • Südausrichtung möglich? (optimal)
  • Süd-West oder Süd-Ost? (sehr gut)
  • Ost oder West? (gut)
  • Nord? (kritisch prüfen, Alternative suchen)

Neigungswinkel:

  • 30 bis 35 Grad umsetzbar? (optimal)
  • Aufständerung möglich?
  • Senkrechte Montage (90 Grad) akzeptabel?

Verschattung:

  • Sonnenverlauf analysiert?
  • Zwischen 9 und 15 Uhr unverschattet?
  • Jahreszeitliche Unterschiede berücksichtigt?
  • Bei Verschattung: MPP-Tracker vorhanden?

Alternative Standorte:

  • Terrasse verfügbar?
  • Garten nutzbar?
  • Garagendach oder Flachdach möglich?
  • Andere Fassadenseite besser geeignet?

Praktische Aspekte:

  • Kabelweg zur Steckdose unter 5 Meter?
  • Montagemöglichkeit vorhanden (Geländer, Gestell)?
  • Windlast berücksichtigt?
  • Zustimmung Vermieter eingeholt (falls erforderlich)?

Fazit: Jeder Standort kann funktionieren

Die optimale Ausrichtung und der perfekte Neigungswinkel sind wichtig – aber auch ein suboptimaler Standort kann wirtschaftlich sinnvoll sein. Selbst ein Ost-Balkon mit senkrechter Montage erzeugt noch genug Strom, um die Investition in 4 bis 6 Jahren zu amortisieren.

Wichtigste Erkenntnisse:

  • Südausrichtung ist ideal, aber auch Ost und West lohnen sich
  • 30 bis 35 Grad Neigung sind optimal, aber 90 Grad sind akzeptabel
  • Verschattung ist der größte Ertragskiller – vermeiden Sie Schatten zwischen 9 und 15 Uhr
  • Prüfen Sie alternative Standorte: Terrasse, Garten, Garagendach können besser sein als der Balkon
  • Moderne Wechselrichter mit MPP-Trackern mildern Verschattungsverluste ab

Unser Tipp: Investieren Sie Zeit in die Standortanalyse, bevor Sie kaufen. Eine Stunde Planung kann über 20 Jahre hinweg Hunderte Euro Mehrertrag bedeuten. Und denken Sie daran: Der beste Standort ist oft nicht der namensgebende Balkon, sondern die Stelle mit der besten Kombination aus Ausrichtung, Neigung und Verschattungsfreiheit.

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